Gebirgsregionen: zwischen Entvölkerung und Massentourismus

DIPLOCAT hat eine virtuelle Debatte mit internationalen Experten über die Herausforderungen und die Nachhaltigkeit in Gebirgsregionen veranstaltet

DIPLOCAT hat einen neuen mehrsprachigen Digital Talk organisiert, um bewährte internationale Praktiken zu untersuchen: " Herausforderungen für europäischen Bergregionen: von der Entvölkerung zur Nachhaltigkeit ".In diesem Fall geht die Initiative auf einem Vorschlag des Generalrates von Aran aus, der Mitglied von DIPLOCAT ist, und der Stadt Viella. Ziel war es, anhand von drei Fallbeispielen verschiedene Bergregionen in Europa zu vergleichen, die sich durch jüngste Initiativen auf diesem Gebiet auszeichnen, wie das Arantal, die Gebirgskantone der Schweiz und die Region Okzitanien in Frankreich. Dabei sollten mögliche Antworten auf eines der großen aktuellen Probleme der ländlichen Welt mit Schwerpunkt auf den Bergregionen gefunden werden.  

Die Generalsekretärin von DIPLOCAT Laura Foraster begrüßte die Teilnehmer und betonte die Bedeutung dieser Art von Debatte zu einem sehr konkreten Thema. Obwohl die neuesten Daten seit Beginn der Pandemie mit der Zunahme der Telearbeit und dem Überdenken bisheriger Lebensweisen die Dynamik der Entvölkerung ein wenig zu brechen scheinen, stellt der Bevölkerungsverlust der ländlichen Räume für viele Industrieländer eine der größten Herausforderungen dar. Dies wird auch als Teil des Ziels 15 der Agenda der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDG) zum Schutz der terrestrischen Flora und Fauna festgehalten und stellt daher nicht nur eine europäische, sondern eine globale Herausforderung dar.

Die Veranstaltung wurde von Marcel·lí Pascual, Leiter der Zeitschrift "Viure als Pirineus" (Die Pyrenäen leben) und eingehender Kenner der Realität dieser Gebiete, moderiert. Er leitete die Debatte mit verschiedenen Fragen an die Vortragenden ein und gab zum Schluss den Teilnehmern Gelegenheit zum Vorbringen von Überlegungen und Nachfragen. Zunächst bat er die Redner, einen Überblick über die Bergregionen vom jeweiligen Gebiet aus zu geben und die von ihnen vertretenen Institutionen vorzustellen. Er fragte sie auch, ob sie es für möglich hielten, alle damit verbundenen Aspekte zu vereinen. Dann verwies er auf die Bedeutung, die der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, dem Tourismus in den Berggebieten bereits beigemessen hatte, und fragte sie, was sie davon hielten. Schließlich fragte er sie, welche Maßnahmen sie für notwendig hielten, um der Entvölkerung entgegenzusteuern, und forderte sie auf, ihre eigene strategische Vision vorzulegen sowie kurz einige der von ihnen entwickelten oder angedachten Projekte zu umreißen.

Maria Vergés, die Ministerpräsidentin des Aran-Tals, sprach auf Aranesisch und stellte zunächst die Umweltsituation der Region sowie das Regierungsorgan, den Generalrat des Aran-Tals vor. Im Aran-Tal hat sich ein großer Wandel vollzogen, denn vor dem Beginn des Wintertourismus in den 1960er Jahren war die Landschaft durch die intensive Holzwirtschaft gezeichnet. Hinsichtlich des Tourismus setzte sie sich für eine Diversifizierung der Wirtschaft ein, um zu "leben, aber mit Lebensqualität". Vergés zufolge muss jedes Gebiet dem Phänomen des Bevölkerungsschwunds ganz individuell begegnen. Obwohl das Wirtschaftsmodell dabei wichtig sei, sei es umso wichtiger, sich um die Menschen zu kümmern. Daher ist eine auf die Gebirgsregionen abgestimmte öffentliche Verwaltung und Gesetzgebung mit entsprechender Steuerpolitik und positiver Diskriminierung erforderlich, die es Menschen, die Städte verlassen möchten, möglich macht, in diesen Regionen zu leben.

Thierry Rebuffat, Berater des Regierungskabinetts der französischen Region Okzitanien/Pyrenäen-Mittelmeer, zuständig für Raumordnung, Gebirgsregionen und den ländlichen Raum leitete seinen Beitrag mit der Anmerkung ein, dass Region Okzitanien sehr groß sei und es zwar gemeinsame Fragestellungen gibt, aber auch spezifische Merkmale und Bedürfnisse, die beachtet werden müssen. Er hob seine Besorgnis über die Abwanderung aus dem ländlichen Raum hervor und von dem "Gebirgsplan" der Region, einem Strategieplan, der mit Blick auf das Jahr 2025 acht Hauptziele zur Befriedigung der Bedürfnisse und Lösung der Probleme der Bergregionen verfolgt. Rebuffat betonte die Notwendigkeit einer inklusiveren Politik und stimmte im Hinblick auf den Tourismus der Ministerpräsidentin des Aran-Tals darin zu, dass der Schlüssel zum Erfolg in einer Diversifizierung der Aktivitäten über alle vier Jahreszeiten hinweg liege. In Bezug auf die Entvölkerung betonte er schließlich die Wichtigkeit, weiter an einer guten Verkehrsanbindung, einer Stärkung der vorhandenen Infrastrukturen sowie der Telekommunikationseinrichtungen sowie einer hohen Lebensqualität zu arbeiten.

Fadri Ramming, Generalsekretär der Regierungskonferenz der Gebirgskantone der Schweiz, die mit 12 institutionellen Vertretern aus 8 Bergkantonen besetzt ist, begann seine Rede mit der Erklärung, dass die Gebirge 43 % der Schweizer Landesfläche einnehmen, dabei aber einen Bevölkerungsanteil von nur 13 % ausmachen. Wenn es in den Bergen keine zuverlässigen Strukturen und guten Anbindungen gäbe, die eine Entwicklung ermöglichen, stelle dies ein großes Problem dar. Er fügte jedoch hinzu, dass die Regierungskonferenz der Gebirgskantone Alpenkanton-Konferenz eine breite Palette von Themen behandele, die für die meisten Bürger von Interesse sind, wie z. B. die Verbesserung der Wasserwirtschaft, des Tourismus, der Landwirtschaft, der Finanzen usw. In Bezug auf das Thema Tourismus betonte er, dass es wichtig sei, auf die Umweltverträglichkeit der verschiedenen Angebote zu achten.